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Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften

Sonderforschungsbereich 1357 Mikroplastik

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Neue Nachwuchsgruppe Statistische Ökotoxikologie

01.03.2021

Dr. Magdalena Mair leitet ab 1. März 2021 die Nachwuchsgruppe Statistische Ökotoxikologie. Sie forscht an der Risikobewertung von Mikroplastik und nutzt Modelle des maschinellen Lernens (ML) kombiniert mit erklärbarer künstlicher Intelligenz (xAI) um die Toxizität von Stoffen auf verschiedene Organismen abzuschätzen.

Um Dr. Magdalena etwas besser kennenzulernen haben wir ihr ein paar Fragen zu Ihren Interessen und Ideen gestellt:

Was sind Ihre Hauptforschungsinteressen?

Eine große Herausforderung bei der ökotoxikologischen Risikobewertung von potentiell toxischen Substanzen ist die praktische Limitierung der dafür durchgeführten Experimente auf eine kleine Anzahl von Standard-Testorganismen. Dies steht im Gegensatz zu dem allgemeinen Ziel, alle in einer kontaminierten Umgebung vorhandenen Organismen zu schützen. Darüber hinaus sind Organismen in der Natur oft nicht nur einzelnen Stoffen, sondern komplexen Stoffgemischen ausgesetzt, was den Prozess der Risikobewertung zusätzlich verkompliziert. In der Praxis ist es daher notwendig, von den vorhandenen experimentellen Daten auf nicht getestete Arten und Kontaminanten zu extrapolieren.

In meiner Forschung befasse ich mich generell mit Methoden der Risikobewertung für potentiell toxische Substanzen, wobei ich mich hauptsächlich auf die Bewertung schädlicher biologischer Effekte auf Lebewesen konzentriere. Ein Schwerpunkt meiner Forschung ist die Vorhersage von Effekten über Arten und Schadstoffe hinweg, basierend auf deren Merkmalen (traits), also den Eigenschaften der Organismen und der Substanzen oder Materialien. Der Fokus auf diese Merkmale erlaubt es dann, Toxizitätsvorhersagen für völlig ungetestete Organismen und ungetestete Substanzen oder Materialien zu machen. Darüber hinaus interessiere ich mich dafür, wie Effektgrößen über die verschiedenen Ebenen der biologischen Organisation (von der Zelle, über das Individuum bis hin zur Population) skalieren und wie zuverlässig grundlegende statistische Konzepte sind, wenn es darum geht, die Abwesenheit von Effekten nachzuweisen.

Welche Methoden verwenden Sie?

Für die Toxizitätsvorhersagen verwende ich hauptsächlich Modelle des Maschinellen Lernens (machine learning) in einem Trait-Matching-Ansatz kombiniert mit Methoden der Erklärbaren Künstlicher Intelligenz (explainable artificial intelligence, xAI), um Merkmalskombinationen zwischen Arten und Substanzen abzuleiten, die mit besonders starken oder schwachen toxischen Effekten verbunden sind. Die Modellierung auf Basis von Merkmalen (traits) ermöglicht dann die Vorhersage der Toxizität für nicht getestete Arten, Schadstoffe und über verschiedene Levels der biologischen Organisation hinweg. Zusätzlich untersuche ich die Fehlerraten von derzeit in der Pestizid-Risikobewertung verwendeten statistischen Methoden durch Datensimulationen.

Warum arbeiten Sie mit Mikroplastik? – Was motiviert Sie?

Mikroplastik ist für mich zum einen deshalb besonders interessant, weil Mikroplastikpartikel fast überall in der Umwelt zu finden sind, potenziell alle möglichen Organismen beeinträchtigen und somit eine der wichtigsten globalen Umweltherausforderungen der heutigen Zeit darstellen. Zum anderen sind Mikroplastikpartikel außerordentlich komplex im Bezug auf ihre Eigenschaften. Sie unterscheiden sich beispielsweise nicht nur in der Art des Polymers, aus dem sie aufgebaut sind, sondern auch in ihrer Form und Größe, dem Abbaustadium und den verschiedensten assoziierten Chemikalien, die sich im Inneren und auf der Oberfläche der Partikel befinden können, um nur ein paar Eigenschaften zu nennen. Diese Komplexität der Merkmale macht Mikroplastikpartikel auch aus methodischer Sicht besonders interessant.

Zweitens gibt es - abgesehen von ersten Versuchen, die Verwendung von absichtlich zugesetztem Mikroplastik in der EU einzuschränken und ersten Schritten zur Implementierung eines Zulassungsverfahrens für Mikroplastik in Kalifornien - derzeit meines Wissens keine offiziellen Verfahren zur Risikobewertung von Mikroplastik, was die Möglichkeit eröffnet, hier einen wertvollen wissenschaftlichen Beitrag zu leisten. Mit der Forschung der Nachwuchsgruppe Ökotoxikologie möchte ich maßgeblich dazu beitragen, die zukünftige Risikobewertung von Mikroplastik so zuverlässig wie möglich zu gestalten.

Welches Potenzial sehen Sie für die Nachwuchsforschungsgruppe an der Universität Bayreuth und den SFB 1357:

Die Risikobewertung von Mikroplastik und die Modellierung von schädlichen Effekten von Mikroplastikpartikeln integriert Informationen und Daten aus verschiedenen Bereichen der Mikroplastikforschung. Anknüpfungspunkte mit den Teilbereichen des SFB 1357 sind zum Beispiel die Erforschung biologischer Effekte auf aquatische und terrestrische Organismen auf verschiedenen Organisationstufen, sowie die chemischen und physikalischen Eigenschaften verschiedener Mikroplastikarten. Mit der Nachwuchsforschungsgruppe Ökotoxikologie strebe ich daher eine starke kollaborative Vernetzung innerhalb des SFB 1357 und nach außen an. Die Universität Bayreuth mit ihrem Schwerpunkt in der organismischen Biologie und ihrer Campus-Struktur ist ein idealer Standort, um diese Verbindungen herzustellen und den interdisziplinären Charakter der Mikroplastik-Ökotoxikologie und Risikobewertung zu realisieren.

Kurzbiografie

  • Ab März 2021 – Juniorforschungsgruppenleiterin Ökotoxikologie, Universität Bayreuth
  • 2019 - 2021 - Postdoktorandin, Universität Regensburg, Arbeitsgruppe Theoretische Ökologie (Florian Hartig)
  • 2019 - Promotion, Universität Regensburg, Arbeitsgruppe Chemische Ökologie (Joachim Ruther)
  • 2010 - Diplom in Biologie, LMU München, Arbeitsgruppe Evolutionsökologie (Volker Witte)
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